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Ein Pflegeheimbetreiber hat bei vorzeitigem Heimwechsel keinen Entgeltanspruch

Kündigt ein Pflegeheimbewohner, der Leistungen der Pflegeversicherung bezieht, seinen Heimvertrag und zieht vor Ablauf der Kündigungsfrist aus dem Heim aus, dann hat der Heimbetreiber keinen Anspruch auf das Entgelt.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 4.10.2018, Az. III ZR 292/17

Das ist passiert:

Ein Mann war an Multipler Sklerose erkrankt. Er lebte aufgrund dessen in einem Pflegeheim und bezog Leistungen aus der Pflegeversicherung. Im Laufe der Zeit fand er einen anderen Platz in einem auf die Pflege von Multiple-Sklerose-Patienten spezialisierten Heim. Daraufhin kündigte er fristgerecht den bisherigen Heimvertrag. Kurzfristig wurde in dem neuen Pflegeheim ein Platz frei. Der Mann zog dort ungefähr zur Monatsmitte ein. Die Kündigungsfrist in dem bisherigen Heim lief noch bis zum Monatsende.

Das beklagte Heim stellte seinem ehemaligen Bewohner die Heimkosten für den gesamten Monat nach Abzug der Leistungen der Pflegekasse in Rechnung, die der Mann auch zunächst vollständig bezahlte. Da für die zweite Monatshälfte infolge des Auszugs aus dem beklagten Pflegeheim keine Pflegeleistungen mehr erbracht wurden, verlangte der Kläger die Rückerstattung des bezahlten Betrags in Höhe von 1.493,03 Euro, was der beklagte Pflegeheimbetreiber jedoch ablehnte. Letzten Endes landete die Streitigkeit vor dem Bundesgerichtshof.

Darum geht es:

Es geht es um die Frage, ob der Bewohner eines Pflegeheims, der Leistungen der Pflegeversicherung bezieht, das vereinbarte Entgelt an das Heim zahlen muss, wenn er nach einer Eigenkündigung vor Ablauf der Kündigungsfrist auszieht.

Die Entscheidung:

Der Bundesgerichtshof stellte klar: Der Zahlungsanspruch des Heimträgers besteht nur für die Tage, in denen sich der Pflegebedürftige tatsächlich im Heim aufhält und urteilte so zugunsten des Pflegebedürftigen.

Dreh- und Angelpunkt der Entscheidung ist der § 87a Abs. 1 11. Sozialgesetzbuch (SGB XI). Dieser Regelung liegt das Prinzip der tagesgleichen Vergütung zugrunde. Das besagt, dass das Heim nur eine Vergütung für die Tage beanspruchen kann, in denen der Heimbewohner anwesend ist. Die Zahlungspflicht der Heimbewohner oder ihrer Kostenträger endet mit dem Tag, an dem der Heimbewohner entlassen wird oder verstirbt.

Der Bundesgerichtshof weist ausdrücklich darauf hin, dass ein „Entlassen“ auch dann anzunehmen ist, wenn der Pflegebedürftige – nach einer Kündigung des Heimvertragsverhältnisses – vor Ablauf der Kündigungsfrist endgültig auszieht.

Wichtig zu erwähnen ist noch, dass sich in diesem Fall das Heim nicht auf § 87a Abs. 1 Satz 5 bis 7 SGB XI berufen konnte. Diese Regelung setzt voraus, dass der Bewohner das Heim nur vorübergehend verlässt. Das war hier nicht der Fall, denn der pflegebedürftige Mann wollte dauerhaft aus dem Heim ausziehen.

Da das Heim nach dem Auszug des Mannes keine Leistungen mehr erbracht hat und auch nicht verpflichtet war, den Pflegeplatz freizuhalten, besteht insofern nach den Grundsätzen des § 87a Abs. 1 Satz 1, 2 SGB XI auch kein Vergütungsanspruch.

Das bedeutet die Entscheidung für die Praxis:

Der Bundesgerichtshof begründet seine Entscheidung ausführlich und setzt sich mit Zielrichtung und Zweck des § 87a SGB XI auseinander. Für jeden ist es daher gut zu wissen, wie der Bundesgerichtshof entschieden hat: Für Ihren Betreuten fallen keine doppelten Kosten an, wenn sie/er das Heim vor Ablauf der Kündigungsfrist verlassen möchte.

Quelle: Bundesgerichtshof, Urteil vom 4.10.2018, Az. III ZR 292/172

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