AWO Betreuungsverein Koblenz Hauptnaviagtion
Darf Pflegegeld gepfändet werden?
Nein, sagt der Bundesgerichtshof in seinem Beschluss vom 20.10.2022 (Az. IX ZB 12/22). Das an die Pflegeperson weitergeleitete Pflegegeld ist unpfändbar.
Eine Mutter pflegte ihren autistischen Sohn. Der Sohn bezog Pflegegeld, das er an seine Mutter weiterleitete.
Die Mutter geriet in wirtschaftliche Schwierigkeiten und musste Insolvenz beantragen. Der Insolvenzverwalter wollte so viel Geld wie möglich bei der Mutter pfänden. Deshalb beantragte er, bei der Berechnung des pfändbaren Arbeitseinkommens das Arbeitseinkommen mit dem Pflegegeld zusammenzurechnen.
Der Bundesgerichtshof gab ihm aber nicht recht. Die Voraussetzungen für eine Zusammenrechnung sind nämlich nicht erfüllt, denn nach § 851 Abs. 1 Zivilprozessordnung und § 399 Bürgerliches Gesetzbuch ist das an die Mutter weitergeleitete Pflegegeld unpfändbar, weil der Anspruch nicht übertragbar ist.
Pflegegeld wird dem Pflegebedürftigen gewährt, wenn er in seiner häuslichen Umgebung oder im Haushalt einer Pflegeperson gepflegt wird, und soll die Eigenverantwortlichkeit und Selbstbestimmung des Pflegebedürftigen stärken, der mit der Geldleistung seine Pflegehilfen selbst gestalten kann. Das Pflegegeld stellt seiner Konzeption nach kein Entgelt für die von der Pflegeperson erbrachten Pflegeleistungen dar. Es setzt vielmehr den Pflegebedürftigen in den Stand, Angehörigen und sonstigen Pflegepersonen eine materielle Anerkennung für die mit großem Einsatz und Opferbereitschaft im häuslichen Bereich sichergestellte Pflege zukommen zu lassen.
Das Pflegegeld bietet somit einen Anreiz zur Erhaltung der Pflegebereitschaft der Angehörigen, Freunde oder Nachbarn. Der Konzeption des Pflegegeldes liegt der Gedanke zugrunde, dass familiäre, nachbarschaftliche oder ehrenamtliche Pflege unentgeltlich erbracht wird. Das Pflegegeld ergänzt sie nur. Es braucht der Höhe nach nicht dem an professionelle Pflegekräfte zu zahlenden Entgelts entsprechen.
Dieser Zweck des Pflegegeldes könnte nicht erreicht werden, wenn das Pflegegeld zwar beim Pflegebedürftigen unpfändbar bliebe, bei der Pflegeperson aber gepfändet werden könnte, weil es zum Arbeitseinkommen addiert werden könnte.
Quelle: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 20.10.2022, Az. IX ZB 12/22